Unter Essstörung wird ein “abnormer“ Umgang mit Essen verstanden. Darunter fällt, zu viel oder zu wenig zu essen, der Wunsch, Essen gar nicht mehr zu brauchen, nicht mehr aufhören müssen/ wollen zu essen oder die gegessene Nahrung wieder loszuwerden. Die Folgen einer solchen Essstörung können Untergewicht oder Übergewicht sein. Es ist aber auch möglich, dass Patienten mit einer Essstörung ein ganz normales Gewicht haben. Körperliche Begleiterscheinungen, die durch den problematischen Umgang mit der Ernährung entstehen, führen jedoch fast immer zu ernsten körperlichen Problemen.
In welchen Formen kann eine Essstörung auftreten?
Eine Essstörung zu behandeln erscheint zunächst einfach, weil die meisten Menschen wissen, „wie normales Essen geht“. Die Hintergründe einer Essstörung sind aber oft schwer zu verstehen und können sehr unterschiedlich sein. Wenn Menschen mit Essstörungen in die Klinik kommen, ist das oft begleitet von einer zwiespältigen Motivation der Veränderung. Jedoch wird deutlich, dass „es so nicht mehr weiter geht“:
Bei einer Anorexie/ Magersucht verhungert der Körper, hat keine Kraft mehr und es können lebensbedrohliche Folgen auftreten.
Bei der Bulimie merkt man vielleicht, dass der Wunsch zu essen und zu erbrechen das ganze Leben bestimmt und wichtige Entwicklungen beeinträchtigt.
Beim übermäßigen Essen besteht vielleicht eine starke Abneigung gegen den eigenen Körper und es gibt einen Wunsch nach mehr Gesundheit und Beweglichkeit.
Gleichzeitig stellt der jeweilige Umgang mit dem Essen oft eine Lösungsmöglichkeit dar, mit einem noch schwierigeren, dahinter liegenden Problem umzugehen: seien es Probleme mit dem Selbstwertgefühl, sei es, dass man mit Hungern, Essen oder Erbrechen schwierige Gefühle in Schach halten kann. Viele Menschen, die unter einer Essstörung leiden, haben Befürchtungen, das Leben ohne ihre Essstörung nicht bewältigen zu können, haben Angst, ihre Symptomatik zu verlieren.
Wie wird eine Essstörung behandelt?
Das Verstehen der Gründe für die Essstörung allein reicht aber nicht aus, um die Störung zu überwinden, ebenso wenig wie es ausreicht, zu lernen, normal zu essen. Die Behandlung in unserem Setting für essgestörte Patienten und Patientinnen beschäftigt sich also einerseits sehr individuell mit den Hintergründen einer Essstörung und der Entwicklung einer Motivation, einen Schritt aus der Symptomatik heraus zu wagen. Zum anderen ist auch die ganz konkrete Auseinandersetzung mit der Essstruktur, der Zusammenstellung der Mahlzeiten oder dem Impuls zu hungern (oder zu essen/ zu erbrechen) notwendig. Es gilt zu üben, andere Verhaltensstrategien zu entwickeln und sich der Unsicherheit der Veränderung zu stellen.
In der stationären Behandlung findet eine Kombination aus Einzel- und Gruppentherapie statt: In Einzeltherapiesitzungen wird an der jeweiligen individuellen Symptomatik gearbeitet. In Gruppentherapiesitzungen (Gesprächsgruppe, therapeutische und pflegerische Essgruppe, Kunst- oder Tanz- und Bewegungstherapie) liegt der Schwerpunkt darauf, sich in einem haltgebenden und geschützten Rahmen auszutauschen, gemeinsam zu lernen und neue Erfahrungen zu machen.
- Verstehen lernen der schützenden Funktion der Essstörung
- Die eigenen Ressourcen entdecken und die Unterstützung der Gruppe nutzen
- Förderung der Fähigkeiten zur Selbstregulation und Selbstfürsorge
- Therapie mit Blick auf die eigenen Verhaltens- und Beziehungsmuster
Kontakt
Oberärztin der Station 1