Inklusiver Bildungstag für Auszubildende und Menschen mit Behinderung

Liebe und Sex geht alle an

Rebecca Bonk (links) versucht mit Hilfe von Anna Broer ein Kondom über eine Zucchini zu ziehen.

Inklusives Meinungsbild: Mit grünen und roten Karten zeigen die Teilnehmenden der Tagung Zustimmung oder Ablehnung. Fotos: Ulla Emig

Bochum (JW). Sexualität, Verhütung und Familienplanung – ein sensibles Thema, das jeden Menschen irgendwann beschäftigt. „Liebe, Sex und dann ein Kind?“ lautete deshalb ein Bildungsangebot im Bochumer Berufskolleg des  Ev. Johanneswerks. Das Besondere an dem Tag: Zwei verschiedene Zielgruppen nahmen gemeinsam teil. Menschen mit Einschränkungen sowie Schüler und Studierende des Berufskollegs konnten sich intensiv und durch unterschiedliche Methoden mit dem Thema auseinandersetzen – und miteinander und voneinander lernen.

Die Tagung initiiert und organisiert hatten das Projekt ‚Begleitete Elternschaft‘ des Johanneswerks, das Berufskolleg selbst sowie pro familia Bochum. Die Idee, das Angebot nicht nur auf Teilnehmende mit Behinderung zu begrenzen, erklärt Lehrerin Christine Schafhausen-Mehl: „Wir fordern ständig Inklusion, hiermit können wir sie leben. Gemeinsam beschäftigen wir uns mit zwei Themen: Sexualität auf der einen Seite und Sensibilisierung auf der anderen.“

In gemischten Kleingruppen besuchten die Teilnehmenden Workshops zu Verhütung, Selbstbefriedigung, Grenzen wahren und Kinderwunsch. Hier kamen Fragen, Bedürfnisse, aber auch Probleme zur Sprache. Lehrerin Marie-Luise Schwering etwa erfuhr, dass es für einige Klienten schwierig sei, Intimität in ihren Einrichtungen auszuleben: „So passiert es wohl hin und wieder, dass überraschend Betreuungspersonen ins Zimmer kommen und die Klienten damit in eine peinliche Situation bringen.“ Gemeinsam entstand die Idee, eine Art Ampel an der Zimmertür zu nutzen, die zeigt, wann man nicht gestört werden möchte.

Ausprobieren am ‚Verhütungsbuffet‘

Auch andere praktische Dinge gingen die Gäste ohne Berührungsängste an: etwa das Überstreifen eines Kondoms auf eine Zucchini am sogenannten ‚Verhütungsbuffet‘. Hier wurde anschaulich mit Obst die weibliche und männliche Anatomie zusammengesetzt. Quiz- und Ratespiele beschäftigten sich mit Fragen zu Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft.  Auch Rhythmusübungen oder Tast- und Geschmackstests zur Schärfung der Wahrnehmung gehörten zum Angebot. „Sexualität hat ja auch viel mit Sehen, Fühlen, Hören oder Schmecken zu tun“, erklärt Marie-Luise Schwering.

Ganz unverkrampft gaben sich die Besucherinnen und Besucher auch im ‚Dr. Sommer-Fragen‘-Abschnitt mit Anne Lindemann. Die Pädagogin beantwortete in einfacher Sprache auch schwierige Fragen. Auf die Frage „Mit welcher Behinderung darf ich ein Kind bekommen?“ etwa lautete ihre klare Antwort: „Alle Menschen dürfen Kinder haben, das ist ein Grundrecht der UN-Behindertenrechtskonvention.“ Manches gab sie auch einfach an die Teilnehmenden weiter, etwa die Frage, wie oft man Sex haben sollte. Während die Auszubildenden noch kicherten und Zahlen in den Raum warfen, kam von einer Teilnehmerin die treffende Antwort: „So oft man Lust hat.“ Die junge Frau mit Behinderung befand dann auch abschließend: „Ich habe hier viel gelernt.“

Anna Bröer, angehende Heilerziehungspflegerin, zeigte sich zum Abschluss der Tagung ebenfalls sehr zufrieden. „Aufgeklärt werden musste ich ja nicht mehr“, lachte sie, „aber ich bin sensibilisiert für das Thema, vor allem, weil es inklusiv gemacht wurde. So hilft es mir in meiner Arbeit, gerade mit jungen Mädchen, sehr.“

Ein Schlüssel für mich. Selbstbestimmt leben.
Mit seinem aktuellen Spendenprojekt setzt sich das Johanneswerk dafür ein, Menschen mit Behinderung intensiv auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung zu begleiten. Eine unterfahrbare Küche zum Beispiel oder ein spezielles Betreuungsangebot können dabei einen großen Unterschied machen. Helfen Sie uns mit Ihrer Spende.
Spendenkonto: IBAN DE09 4805 0161 0066 0126 00
Stichwort: Schlüsselprojekt Bochum

 

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