Alters-Institut des Johanneswerks: Leiterin Dr. Frauke Schönberg im Interview

Aktionsforschung mit breiter empirischer Basis

Dr. Frauke Schönberg, Leiterin des Alters-Instituts. Foto: Christian Weische

Das Alters-Institut nimmt die gesamte Versorgungslandschaft für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in den Blick. Foto: Pia Blümig

 

Frau Dr. Schönberg, warum hat das Johanneswerk ein Alters-Institut gegründet?
Um die Fachlichkeit, die schon immer im Johanneswerk eine große Rolle gespielt hat, zu bündeln und nochmal anders in der Öffentlichkeit zu platzieren.

Warum findet diese Arbeit in einem Institut statt und nicht zum Beispiel in Stabsabteilungen?
Weil ein Institut anders in die Fachlandschaft passt als ein Träger mit seinen Stabsabteilungen und so ein anderes Gewicht bekommt. Außerdem haben wir die Hoffnung, dass ein Institut besser externe Projektmittel generieren kann.

Was ist das Ziel Ihrer Forschungsarbeit?
Unser Ziel ist es grundsätzlich, die Versorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen im Johanneswerk zu verbessern. Viele unserer Themen interessieren allerdings nicht nur uns, sondern die gesamte Fachöffentlichkeit. Wir wollen professionalisieren, dass unsere Entwicklung der Öffentlichkeit zugutekommt.

Welche Themenfelder möchten Sie in den Blick nehmen?
Die gesamte Versorgungslandschaft von niedrigschwelligen über ambulante und teilstationäre bis hin zu vollstationären Strukturen. Aber ganz bewusst hat das Institut den Beinamen: Zentrum für Versorgungsforschung und Geragogik. Wir nehmen auch jüngere Alte in den Blick. Wir wollen die gesamte Lebensphase Alter betrachten.

Betrachten Sie auch Pflegepersonal, Ehrenamtliche oder jüngere Angehörige?
Ja, die gehören beim Thema Versorgung natürlich auch immer mit dazu – das ist unsere zweite Zielgruppe.

Wie wird die Forschung des Alters-Instituts ausgerichtet sein?

Wir betreiben Aktionsforschung. Wir nehmen die Praxis ernst und wollen die Erfahrungen aus der Praxis systematisch aufbereiten. Mir ist wichtig, dass wir gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen erarbeiten, mit einem wissenschaftlichen Blick. Es geht nicht darum, zu objektivieren.

Welche Chancen und Risiken birgt die unmittelbare Nähe zum Johanneswerk?
Die große Chance ist ganz klar, dass das Johanneswerk eine empirische Basis von 33 stationären Alteneinrichtungen hat – so eine große Basis haben sogar die meisten bundesdeutschen Untersuchungen nicht. Wir dürfen im Johanneswerk auch in einer Tiefe in die Einrichtungen schauen, wie es sonst keiner kann. Gleichzeitig kann die Offenheit natürlich auch kippen, weil man doch irgendwie dazugehört. Auch Externe sehen natürlich die Verbindung zum Johanneswerk und bewerten sie, aber ich habe den Eindruck, dass sie uns durch die Nähe eine hohe Fachlichkeit zutrauen.

Wie groß ist das Team im Institut?
Wir arbeiten mit Personal aus dem Johanneswerk, das wir zum Teil für das Institut abstellen und anders refinanzieren. Wir haben angefangen mit mir als Institutsleitung und zwei weiteren kleinen Stellenanteilen. Jetzt verändert sich das, für das aktuelle Projekt kommen noch weitere Kolleginnen mit Stellenanteilen hinzu.

Wie waren die Reaktionen auf die Gründung?

Das Institut wird wenig als Konkurrent zur Wissenschaft gesehen. Es ist sehr deutlich, dass wir Konzepte herstellen, die ganz nah an den Einrichtungen orientiert sind – etwas, für das andere Institute zu weit weg sind.  

Welche konkreten Projekte stehen in den kommenden Monaten an?
Zum einen bearbeiten wir einige interne Projekte  – zum Beispiel zu den Themen Erfolgsbesprechungen und Medikalisierung. Darüber hinaus haben wir ein großes Projekt von der Stiftung Wohlfahrtspflege erhalten, in dem es darum geht, die Quartiersnahe Versorgung in Steinheim modellhaft weiterzuentwickeln, auch mit der Frage der Übertragbarkeit. Wir sind auch an weiteren Ausschreibungen beteiligt und befinden uns außerdem in der Abstimmung für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Beziehungspflege mit Humor“ im Johanneswerk.

Wird es Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen geben?
Ja, es gibt Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Instituten. Eine Rollenverteilung könnte dann so aussehen, dass unser Institut die Projektentwicklung und -umsetzung vor Ort macht und andere die Ergebnisse evaluieren. Solche Kooperationen sind denkbar und auch schon in Vorbereitung.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass das Institut für das Johanneswerk und für die Kollegen dort wirkt, dass es zur finanziellen Absicherung beiträgt und wir gemeinsam Fachlichkeit weiterentwickeln. Und ich wünsche mir kontinuierlich die Anzahl an Projekten, die wir im überschaubaren Kreis stemmen können.

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