NRW-Ministerin und Grüne zu Gast im Helene-Schweitzer-Zentrum

Zukunftsmodelle für die Pflege in OWL

Beispielhaftes Konzept: Barbara Steffens und Dr. Bodo de Vries am Helene-Schweitzer-Zentrum in Steinheim.

Wolfgang Wolter (85 J., r.) begrüßte in seiner Wohnung die Gäste und die Vertreter des Johanneswerk; Udo Ellermeier (v.l.), Dr. Bodo de Vries, Barbara Steffens, Helga Lange, Sigrid Beer, Carsten Torke und Amelie Jansen. Fotos: Christian Weische

Steinheim/Bielefeld (JW). Die Anzahl älterer Menschen, die Hilfe und Pflege benötigen, wird weiter wachsen. Zu einem Fachgespräch über die Zukunft der Pflege in der Region trafen sich jetzt Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie führende Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen und des Ev. Johanneswerks. Die Stadt Steinheim und das Helene-Schweitzer-Zentrum gelten mit ihren Konzepten als zukunftsweisend. Vor Ort erfolgte der Austausch zu den Herausforderungen des demografischen Wandels für die Altenhilfe, neuen Modellen im Wohn- und Pflegebereich und zum stadtübergreifenden Projekt ‚GeiSt - Gemeinsam in Steinheim‘.

Das Konzept ‚Wohnen im Alter in Steinheim‘, vom Johanneswerk und der Stadt gemeinsam entwickelt, basiert auf drei Säulen: einem modernen Ansatz der stationären Pflege, einer Reihe von innovativen ambulanten Angeboten und einer umfassenden Gemeinwesenarbeit. Dreh- und Angelpunkt ist das im Frühjahr 2014 vom Johanneswerk eröffnete Helene-Schweitzer-Zentrum an der Flurstraße. Es umfasst vier stationäre Hausgemeinschaften für jeweils zwölf pflegebedürftige Bewohner, 30 barrierefreie Wohnungen im Johannesstift für alte und behinderte Menschen und ein Nachbarschaftszentrum mit Wohncafé als Keimzelle der Gemeinwesenarbeit.

Burkhard Bensiek vom Vorstand des Johanneswerks begrüßte neben der Ministerin rund ein Dutzend weitere Fachgesprächsteilnehmer. Unter ihnen: Sigrid Beer, parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW und ihre Parteikolleginnen und -kollegen Helga Lange, Vorsitzende der Grünen im Regionalrat Detmold, Werner Jülke, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit und Martina Denkner von der Geschäftsführung des Bezirksverbands OWL sowie den Bürgermeister von Steinheim, Carsten Torke. Bensiek stellte kurz das Johanneswerk als einen der großen diakonischen Träger in Europa mit rund 6.500 Beschäftigten und über 70 Einrichtungen in ganz NRW vor.

Vorstandsmitglied Dr. Bodo de Vries und Regionalgeschäftsführer Udo Ellermeier referierten über die ambulante, quartiersnahe und stationäre Versorgung als zukunftsweisende Angebote im Johanneswerk. „Mit unseren derzeit 13 Angeboten für ambulant betreutes Wohnen in NRW verzeichnen wir seit 2011 eine steigende Nachfrage. Wir haben heute 87 Prozent mehr Klienten“, so Dr. de Vries, „der Ausbau der ambulanten Versorgung wird durch geänderte gesetzliche Vorgaben stark gefördert und entspricht den Bedürfnissen der Gesellschaft.“ Vor diesem Hintergrund baue das Johanneswerk seine stationären Plätze nicht weiter aus und wende sich künftig verstärkt dem ambulanten Regelsystem zu. Wissenschaftlich begleitet wird der Träger dabei vom Alters-Institut mit Sitz in Dortmund, einer Anfang 2014 gegründeten Tochtergesellschaft.

Ambulante Angebote gefragt

Bewährt haben sich neuartige Ansätze wie das Helene-Schweitzer-Zentrum, wo 48 Plätze für pflegebedürftige Menschen mit Demenz und für palliative Versorgung in Hausgemeinschaften mit dezentraler Struktur zur Verfügung stehen. Zwölf rund um eine Wohnküche angesiedelte Einzelzimmer bilden hier eine kleine Einheit. Schnell belegt waren die 30 barrierefreien Wohnungen für hilfe- und pflegebedürftige alte Menschen mit 24-stündiger Versorgungssicherheit; es bestehen Wartelisten. Das Nachbarschaftszentrum mit Wohncafé hat sich als Treffpunkt und Börse ehrenamtlicher Angebote etabliert.

Der Vorstellung des modernen Versorgungskonzeptes folgte eine rege fachliche Diskussion. Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens betonte die Rolle der Kommunen bei der Planung und Förderung zukunftsweisender Wohn- und Versorgungsstrukturen: „Ältere Menschen wollen – wie wir alle – selbstbestimmt leben. Und die meisten möchten auch bei Pflegebedarf in ihrem gewohnten Umfeld, in ihrem Quartier, bleiben. Deshalb müssen sich Wohn- und Unterstützungsangebote an den unterschiedlichen und vielfältigen Bedürfnissen der Menschen orientieren.“

Lebendige Gemeinwesenarbeit


Im Anschluss präsentierte Ulrike Overkamp das GeiSt-Projekt, mit dem sich im Quartier und in der Stadt eine aktive und lebendige Gemeinwesenarbeit entwickelt hat. Die Leiterin des Bereiches ‚Quartiersnahe Versorgung und ambulante Hilfen‘ im Johanneswerk berichtete von Beratungs-, Selbsthilfe- und Freizeitangeboten, kulturellen und spirituellen Veranstaltungen, gemeinsamen Mahlzeiten und ehrenamtlicher Arbeit. Eine Besonderheit dabei ist die eigens für Koordination und Vernetzung geschaffene Stelle, die Karola Schmidt als stellvertretende Leiterin Gemeinwesenarbeit Steinheim bekleidet.

Das gemeinsame Konzept des Johanneswerks und der Stadt Steinheim, das Bewohnerinnen und Bewohner der stationären Einrichtung, Mieterinnen und Mieter der Wohnungen, Nachbarinnen und Nachbarn, Bürgerinnen und Bürger einbeziehe, könne man nur weiterempfehlen, so die Ministerin. „Partizipation ist die beste Prävention. Hilfe erhalten und selbst helfen, gebraucht werden, Teilhabe an der Gesellschaft ist wichtig“, führte sie aus, „deshalb sind Modelle gefragt, die ältere Menschen mobilisieren und motivieren. Unser Ziel muss sein, dass möglichst überall solche Quartiere entstehen.“

Vertieft wurde das Fachgespräch während eines Rundgangs durch das Helene-Schweitzer-Zentrum mit Leiterin Elisabeth Klennert. „Dass eine Kommune dieser Größenordnung etwas geschaffen hat, das Bestand hat und zukunftsweisend ist, finde ich bemerkenswert und interessant für OWL“, bilanzierte am Ende der Veranstaltung MdL Sigrid Beer, „das Helene-Schweitzer-Zentrum und GeiSt bieten nachahmenswerte Konzepte für andere Städte und Gemeinden.“

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