Soziale Träger sind mit erheblichen Zahlungsverzögerungen durch Kostenträger konfrontiert

„Hier stehen wirtschaftliche Existenzen auf dem Spiel“

Bielefeld. Für viele Betroffene stellen die steigenden Kosten in der Pflege eine erhebliche Belastung dar. Doch auch viele Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste stehen mit Blick auf ihre wirtschaftliche Lage vor zunehmend existentiellen Herausforderungen. Auch das Ev. Johanneswerk, einer der großen sozialen Träger in NRW, sorgt sich mittlerweile.

Eines der drängendsten Probleme seien die Zahlungsverzögerungen auf Seiten der Kostenträger. Dazu gehören z. B. die Sozialämter, die für einen wachsenden Anteil bedürftiger Menschen die Heimkosten übernehmen, wenn diese es selbst nicht mehr können. Um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten, sind Einrichtungen und ambulante Dienste auf eine rechtzeitige Überweisung der finanziellen Mittel angewiesen. Doch die bleibt vielerorts aus – oftmals über Monate oder Jahre. „Die wirtschaftliche Existenz der Einrichtungen und damit die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung werden hierdurch zunehmend aufs Spiel gesetzt“, betont der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Bodo de Vries.

 

Ausstehende Zahlungen in Höhe von mehreren Millionen Euro

Im Johanneswerk betrachtet man diese Entwicklung zunehmend kritisch. „Die ausstehenden Zahlungen der Kostenträger belaufen sich bei uns mittlerweile auf mehrere Millionen Euro“, so de Vries. Dabei gehe es nicht nur um die Kosten für die Pflege, sondern auch um fehlende Bescheide für die Finanzierung der sog. Investitionskosten, die ebenfalls von den Bewohner*innen finanziert werden müssen. Mit den Investitionskosten, für deren Festsetzung in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände zuständig sind, finanzieren die Betreiber z. B. notwendige Renovierungen und Instandhaltungen in den Pflegeeinrichtungen.

 

Hohe Nachberechnungen der Träger im Bereich der Investitionskosten

Aktuell besonders belastend für viele Angehörige sind zudem die Nachberechnungen der Träger im Bereich der Investitionskosten. Weil es aufseiten der zuständigen Landschaftsverbände erhebliche Bearbeitungsrückstände gibt, können Träger wie das Johanneswerk erst viele Jahre nach dem Versterben der betroffenen Menschen Kosten erheben – und müssen sie nachberechnen.

 

Die Verzögerungen resultieren aus den Rückständen bei der Antragsbearbeitung sowie aus Widerspruchsverfahren der zuständigen Landschaftsverbände. Die rechtliche Lage erlaubt es dem Johanneswerk erst nach Bewilligung des Landschaftsverbandes, die angefallenen, erhöhten Investitionskosten rückwirkend in Rechnung zu stellen. Die Verjährungsfristen für diese Ansprüche beginnen mit Ablauf des Jahres, in dem der Bescheid vorliegt.

 

Für Angehörige eine emotionale Belastung

Die Nachberechnungen stellen für Angehörige nicht nur eine unerwartete, sondern oft auch eine emotionale Belastung dar. „Wir befinden uns hier in einem Dilemma“, erklärt hierzu Dr. Bodo de Vries. Einerseits müsse man sicherstellen, dass die Einrichtungen nach den Vorgaben der Kostenträger arbeiten und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Andererseits sei man gezwungen, nach Jahren die Erben verstorbener Menschen über nachträgliche Forderungen zu informieren und aufzuklären. „Das kann man eigentlich keinem vernünftigen Menschen erklären“, betont de Vries.

 

Appell, die Prozesse zu beschleunigen 

Das Johanneswerk appelliere daher an die zuständigen Behörden, die Bearbeitungsprozesse zu beschleunigen. Zudem sei die Politik gefordert, zeitnah eine Lösung zu finden, die es ermöglicht, die finanzielle Last gerecht und zeitnah zu verteilen. Dies würde nicht nur die Einrichtungen entlasten, sondern auch schneller für Klarheit bei den Angehörigen sorgen, um sie jetzt und künftig vor unangenehmen nachträglichen finanziellen Belastungen zu schützen.

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