Soziale Jungs: Johanneswerk bietet Sozialpraktika für Flüchtlinge

Orientieren in einem fremden Land

Zertifikatsübergabe nach erfolgreichem Praktikum als Soziale Jungs Bielefeld: die Projektleiter Anja Zimmermann (Johanneswerk, v.r.) und Markus Biank (Kompetenzzentrum), Dahouda Dieye, Zabidullah Husada und die Mentoren Sabrina Müsse und Philipp Mesterschmidt. Foto: Johanneswerk

Manfred Lammert und Zabihullah Husada haben sich im Begegnungszentrum Pellahöhe schnell angefreundet. Foto: Christian Weische

Bielefeld (JW). Dahouda Dieye hatte aufmerksame Sprachlehrer. Die kleinen Mädchen und Jungen in der Kita Pappelhof machten den 19-jährigen Praktikanten direkt aufmerksam: „Dahouda, das sagt man so nicht.“  Dieses Sprachtraining war eine kleine Facette des Projekts, das unter dem Motto „Soziale Jungs Bielefeld“ (SoJuBi) steht und vom Ev. Johanneswerk realisiert wird.

Sprache im Alltag trainieren, Menschen begegnen, sich in einem ungewohnten Umfeld bewegen – das Projekt eröffnet jungen Flüchtlingen neue Möglichkeiten, sich in diesem bislang unbekannten Land zu orientieren. Vier junge Männer haben diese Chance genutzt und mitgearbeitet: in den Begegnungszentren Pellahöhe und Kreuzstraße, in der Kita Pappelhof im Johannesstift und im Johannes-Haus in Herford. Die Einrichtungen befinden sich in Trägerschaft des Johanneswerks oder der Diakonie für Bielefeld, einer Johanneswerk-Tochter.

Zertifikat zum Abschluss

Ein Zertifikat bescheinigt ihnen die Teilnahme und damit die Qualifikation: Sie sind „Soziale Jungs“.  Anja Zimmermann, im Johanneswerk Expertin für Europa und Migration und Koordinatorin des Projektes, hat nur positive Rückmeldungen erhalten. „Alle vier haben sich gut eingewöhnt und den Menschen dort viel gegeben.“ Und Markus Biank vom Bielefelder Kompetenzzentrum Technik - Diversity - Chancengleichheit, der die Projekte „Boys’Day“ und  „Neue Wege für Jungs“ leitet, lobt ihre Motivation für diesem Einsatz. „Ganz gleich, welchen beruflichen Weg unsere Teilnehmer einschlagen – sie machen wichtige Erfahrungen, die sie prägen werden.“ Wichtig ist den beiden Projekt-Koordinatoren auch, den Teilnehmern deutlich zu machen, dass ein Schulabschluss Voraussetzung für weitere berufliche Qualifikationen ist.

Dahouda Dieye stammt aus dem Senegal, Zabihullah Hunsada aus Afghanistan, ihre gemeinsame Sprache ist Deutsch. Mal fehlt für einen kurzen Moment der passende Begriff, aber da helfen sie sich gegenseitig weiter. Beide sagen, ihr Einsatzort und die Menschen dort – das habe ihnen gut gefallen.
Zabidullah Husada (20 Jahre jung) hatte in der Pellahöhe vorwiegend mit älteren Menschen zu tun. Für einige wurde er zum Enkel-Ersatz, den man gern unter die Fittiche nahm und auch an viele Aufgaben heranführte. Ihm habe es wirklich Spaß gemacht, erzählt er und kommt dann auf seinen Berufswunsch zu sprechen: Der 20-jährige möchte Altenpfleger werden. Dazu hat er einen klaren Standpunkt, kann abfällige Bemerkungen zu diesem Beruf nicht verstehen: „Das tut mir weh.“ Dahouda Dieye überlegt noch, wo es beruflich einmal hingehen soll. Erst einmal konzentriert er sich auf den Schulabschluss und hat in den Sommerferien einen Job angenommen.

Mentoren zur Seite gestellt

Bei der Projekt-Bilanz der ersten „SoJuBi“-Runde geht es auch um die Ausgestaltung des Angebots. Was kann oder sollte verbessert werden? Doch die Teilnehmer sind durchweg zufrieden, zumal ihnen zwei junge Mentoren zur Seite gestellt wurden. Die Studenten Philipp Mesterschmidt und Sabrina Müsse waren per modernen Kommunikationskanälen stets ansprechbar. Man traf sich hin und wieder und erlebte unter anderem einen gemeinsamen Ausflug in einen Kletterpark. „Unkompliziert“ ist die Bezeichnung, mit der die beiden ihren Kontakt zu den Projektteilnehmern beschreiben.

Anja Zimmermann sieht das Johanneswerk bei dem Projekt „SoJuBi“ und speziell in der Förderung von jungen Flüchtlingen in einer Vorreiterrolle. „Schön wäre es, wenn wir auch Firmen gewinnen könnten, sich zu öffnen und diesen jungen Menschen eine Chance für ein Praktikum zu geben“, sagt sie. Denn aus Sicht der Initiatoren gibt es auf beiden Seiten noch viel zu tun. Markus Biank: „Wir müssen lernen, mit Vielfalt umzugehen. Und die Teilnehmer müssen lernen, dass nicht alles rassistisch ist. Manchmal ist es Unkenntnis.“

Dahouda Deniye hatte seinen Spaß daran, als ein kleiner Junge sich an ihn heranpirschte und diese dunkle Hautfarbe einmal genauer prüfen wollte und vorsichtig mit dem Finger über den Unterarm rieb. Und wenig später kam auch die interessierte Frage an den dunkelhäutigen Afrikaner:  „Warum sieht Du so aus?“

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