25 Jahre Café ‚Der kleine Prinz‘ – von der Integration zur Inklusion

Mittags ist stets Hochbetrieb

Mittags ist Hochbetrieb, dann hat es Andreas Arens eilig den Gästen zügig das Bestellte zu servieren.

Katharina Schlbach unterstützt Köchin Sabine Schlag bei den Vorbereitungen für die Essen-Ausgabe.

Martin Ahrens: Viele Jahre als Café-Leiter im Einsatz, jetzt noch ehrenamtlich engagiert für die Inklusion. Fotos: Johanneswerk/Christian Weische

Lüdenscheid (JW). „Pling“. Und noch einmal: „Pling“. Das ist das Signal für Andreas Arens: Er eilt in die Küche, greift zwei angerichtete Teller und trägt sie in den Gastraum. Ein leckerer Duft von Tomaten-Käse-Füllung bleibt in der Luft hängen. In der Mittagszeit ist Hochbetrieb im Café ‚Der kleine Prinz‘, das vor 25 Jahren als Integrationsprojekt gegründet wurde.

‚Cannelloni mit Käse überbacken‘ ist heute das Mittagsgericht. Köchin Sabine Schlag hat, unterstützt von Kathrin Schlabach, am Vormittag die Zutaten vorbereitet. Denn im ‚Kleinen Prinzen‘ wird frisch gekocht. „Wir bieten kein Vier-Gang-Menü, aber schmackhafte, preisgünstige Gerichte“, erläutert Martin Ahrens. „ Und das sechs Tage die Woche.“ Ahrens, seit Gründung  Leiter der kleinen Gastronomie, engagiert sich jetzt im Ruhestand weiterhin ehrenamtlich im Vorstand des Café-Trägers „Verein der Freunde des Johannes-Busch-Hauses“.

Viele Stammgäste

25 Jahre – das ist eine beachtliche Zeitspanne für ein öffentliches Café, das als Begegnungsstätte für Menschen mit und ohne Behinderung geplant war. Es wurde mehr daraus: ‚Der kleine Prinz‘  bietet sechs Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. Mittlerweile hat sich auch ein großer Kreis von Stammgästen gebildet: Die einen kommen regelmäßig zu ihrer Frühstücksrunde, andere verbringen häufig ihre Mittagspause an der Luisenstraße. 40 bis 50 Mittags-Portionen verlassen an manchen Tagen die Küche. Und beinahe nahtlos geht es dann über in die Kaffeezeit – selbstverständlich mit selbstgemachtem Kuchen.

Jede Woche Würfelrunde

Die fröhliche Damenrunde am großen Tisch ist jeden Mittwoch zur Stelle: erst ein Mittagsimbiss, dann wird eine Tischdecke ausgebreitet. Das Klackern der Würfel soll die anderen Gäste nicht stören. Und nach der Spielrunde gönnen sie sich noch eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. Seit wann sie kommen? „Seit fünf Jahren“, sagt Gerda Debinski. Und was ist die Verbindung untereinander? Teilweise waren die munteren älteren Damen einmal Kolleginnen, dann brachte eine mal ihre Schwester oder die Freundin mit – „wie das so geht“ meint Eva Kolawska und konzentriert sich wieder aufs Würfeln.

60 Plätze auf zwei Ebenen


Derweil kommen Gäste an, die zielsicher die Treppe im Hintergrund ansteuern. Es ist eine Gruppe aus der Tagesbetreuung des Johannes-Busch-Wohnverbundes Lüdenscheid, unter ihnen auch ehemalige – jetzt berentete – Beschäftigte aus dem Café. Im Kellergeschoss gibt’s noch mehr Platz, dort können sie alle zusammen sitzen. Die Tische füllen sich, Andreas Arens hat gut zu tun: Bestellung aufnehmen, Getränke servieren, das Essen bringen. Wenn nötig, kann Kollegin Maria Pilli, die vormittags bereits in Küche und Spülküche tätig war, ihn unterstützen.

Bestellzettel und Gutscheine


Eine Tätigkeit im Service sei nicht jedermanns Sache, räumt Martin Ahrens ein. Man muss Spaß daran haben, sich immer wieder auf neue Gäste einzustellen. Einige Hindernisse im Arbeitsablauf lassen sich aber mit einfachen Mitteln lösen. Beschäftigte, die nicht so gut schreiben können, reichen den Gästen einfach einen Bestellzettel, auf dem das Gewünschte angekreuzt wird. Rechnung erwünscht? Am Kassencomputer sind die verschiedenen Angebote auf dem Bildschirm als Symbole dargestellt. Kurz antippen, Betrag wird berechnet. Ist die Servicekraft unsicher, kassieren Caféleiterin Diana Geim oder ihre Stellvertreterin Sandra Kuhlmann. Und bestens bewährt hat sich das Gutscheinsystem: Vor allem Stammgäste erwerben Gutschein-Päckchen und zahlen damit – schnell und einfach.

„Heute ist das Café in Lüdenscheid eine Institution“, erzählt Martin Ahrens. Bis hierhin war es eine langsame stetige Entwicklung, in die die Menschen mit Behinderung von Anfang an einbezogen waren. Fördern und fordern, ohne zu überfordern, war und ist ein Grundsatz der Verantwortlichen. Sie trauen den Team-Mitgliedern etwas zu und werden bestätigt und damit auch belohnt: mit Zuverlässigkeit und hoher Motivation. Aus dem Begriff ‚Integrations-Projekt‘ ist das Café herausgewachsen – hier passiert Inklusion, sechs Tage pro Woche. Für die Lüdenscheider geschieht das ganz selbstverständlich und nebenbei. Ihre Kriterien sind auch für jedes andere Café gültig: gute Atmosphäre, leckere Gerichte, Preis-Leistungs-Verhältnis und Service stimmen.

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