Interview: Wie eine Frau mit Behinderung ihre Selbstständigkeit empfindet

„In der eigenen Wohnung ist es einfach zu schön!“

In ihrer kleinen Wohnung fühlt Trixie Kessler sich pudelwohl.

Zum Alleinleben gehört auch Papierkram: Trixie Kessler wird wann immer sie es braucht von ihren Betreuern – hier Michael Klein – unterstützt.

Als talentierte Tischtennisspielerin hat Trixie Kessler bei den Special Olympics bereits mehrere Medaillen gewonnen. Fotos: Ulla Emig

Datteln (JW). Menschen mit Behinderung in ihrer Eigenständigkeit unterstützen: Das ist das Ziel des Ambulant Betreuten Wohnen im Johanneswerk Wohnverbund Datteln. Eine der vielen Klientinnen ist Trixie Kessler. Seit  Anfang 2013 wohnt die 50-Jährige erstmals in ihrem Leben selbstständig in einer eigenen, kleinen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Datteln. Im Interview erzählt sie, warum ihr das Alleinleben so gut gefällt – und was sie vor Herausforderungen stellt.

Frau Kessler, Sie leben jetzt seit über vier Jahren allein. Wie haben Sie vorher gewohnt?

Früher habe ich bei meinen Pflegeeltern gewohnt. Als mein Pflegevater ins Altersheim gekommen ist, bin ich in die Außenwohngruppe Insel gezogen. Da habe ich dann zehn Monate zusammen mit anderen Bewohnern gelebt.

Die Außenwohngruppe gehört ja zu einer stationären Einrichtung, dort wurden sie rund um die Uhr betreut. Warum wollten Sie ausziehen?

Ich wollte einfach selbstständiger werden. Ich bin viel zu stark für die anderen Bewohner dort, das hat überhaupt nicht gepasst.

Als Sie sich entschieden hatten, auszuziehen, wie ging es da weiter?

Meine Betreuer und ich haben zusammen überlegt, wie meine Wohnung sein soll. Wie groß und so. Und ich habe gesagt, dass ich unbedingt ein Badezimmer mit Fenster haben wollte. Wir haben alles mal aufgeschrieben.

Wie haben Sie Ihre jetzige Wohnung gefunden?

Durch einen Bekannten. Durch den Herbert. Ich bin in einer Musikgruppe, da hab ich ihn kennengelernt. Herbert wohnt auch hier in dem Haus. Er hat mir gesagt, dass hier eine Wohnung frei wird. Ich habe mir auch noch eine andere Wohnung angeguckt, aber die hatte kein Badezimmerfenster. Und die hier hat eins.

Wie fühlen Sie sich allein in Ihrer eigenen Wohnung?
In der eigenen Wohnung ist es einfach zu schön! Ich kann alles machen, was ich möchte. Am Anfang war ich ein bisschen aufgeregt, aber jetzt läuft es prima.

Was gefällt Ihnen besonders gut?
Dass ich immer alleine ausgehen kann und so lange bei der Party bleiben kann, wie ich möchte. Das ging in der Inselgruppe nicht so gut. Meine Eltern haben mich auch nie laufen lassen.

Gab oder gibt es auch mal schwierige Situationen?
Ich habe ja meine Betreuer, die Sophia und den Michael. Die kann ich immer fragen. Die helfen mir. Bei der Bank war es am Anfang schwer. Wir haben aber vorher geübt. Kontoauszüge ziehen. Und gucken, wie viel Geld auf dem Konto ist. Wir haben das immer zusammen gemacht. Irgendwann habe ich es aber alleine geschafft.

Wie werden Sie noch unterstützt?
Ich gehe drei Mal pro Woche in das Begegnungscafé an der Castroper Straße, da treffe ich andere Leute und manchmal bin ich dort auch mit den Betreuern verabredet. Wir haben auch feste Termine, dann gehen wir zum Beispiel zum Arzt. Ich kriege immer Unterstützung, wenn ich will. Donnerstags gehe ich immer zum Kochkurs ins Begegnungscafé und am Dienstag bin ich bei der Bandprobe. Am Montag, Mittwoch und Freitag bin ich im Tischtennis-Verein.

Welche Bedeutung hat die Unterstützung für Sie?
Meine Betreuer stehen mir immer zur Seite. Wenn ich eine Frage zwischendurch habe, kann ich anrufen oder auch eine Nachricht schreiben. Das mache ich manchmal. Ich kann alles machen, aber mit Unterstützung.



Ein Schlüssel für mich. Selbstbestimmt leben.

Mit seinem aktuellen Spendenprojekt setzt sich das Johanneswerk dafür ein, Menschen mit Behinderung intensiv auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung zu begleiten. Eine unterfahrbare Küche zum Beispiel oder ein spezielles Betreuungsangebot können dabei einen großen Unterschied machen. Helfen Sie uns mit Ihrer Spende.
Spendenkonto:  
IBAN: DE09 4805 0161 0066 0126 00
Stichwort: Schlüsselprojekt Datteln

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