Pflegehelferin und Geschäftsführer im ZDF-„Klartext“

Johanneswerk konfrontiert Alice Weidel

Dr. Bodo de Vries und Guranda Bolkvadze konnten ihr Anliegen live im ZDF anbringen. Foto: Sarah Jonek

Bielefeld (JW). Ohne Migration keine Pflege! Mit diesem Statement bezieht das Johanneswerk Stellung für eine vielfältige Gesellschaft – und das auf der ganz großen politischen Bühne.

 

Gestern Abend machten sich Dr. Bodo de Vries, stellvertretender Vorsitzender der Johanneswerk-Geschäftsführung, und Pflegehelferin Guranda Bolkvadze in der ZDF-Sendung „Klartext“ für Menschen aus anderen Nationen in der Pflege stark. Und lieferten sich einen sehenswerten Schlagabtausch mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel. „Klartext“ ist das Wahlforum des ZDF zur Bundestagswahl. Bürgerinnen und Bürger stellen ihre Fragen direkt an die Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten. Gestern durfte das Johanneswerk ein Thema platzieren, das den diakonischen Träger sehr bewegt und beschäftigt: Migration und Pflege.

 

Fragwürdige Wertschätzung

 

Besonderen Mut bewies dabei Guranda Bolkvadze. Die Georgierin arbeitet seit 2023 im Herforder Johannes-Haus, hat eine feste Anstellung als Pflegehelferin und bezieht keinerlei Sozialleistungen. Und das Wichtigste: Sie wird hier gebraucht. Und zwar dringend. Ihre Asylanträge wurden jedoch abgelehnt und sie wird aktuell nur geduldet. Sichtlich berührt fragte sie Alice Weidel: „Gibt Deutschland mir eine Chance?“

 

Weidel, die das Instrument der Duldung ablehnt, überschüttete Bolkvadze zunächst mit Wertschätzung und betonte mehrfach, wie willkommen sie sei, weil sie arbeite und Steuern zahle. So lange, bis es Bodo de Vries reichte: „Die Wertschätzung, die hier rüberkommt, ist nicht das, was ich von Ihrer Partei erlebe. Ich erlebe genau das Gegenteil. Ich sehe eine Willkommenskultur weder in Ihrer Politik noch in Ihrem Wahlprogramm.“ De Vries erläuterte kurz, dass die deutsche Altenhilfe ums Überleben kämpfe und dringend Fachkräfte aus dem Ausland brauche. „Sie differenzieren hier in einer wertschätzenden Weise – tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht abnehmen.“ Ein klares Statement, für das de Vries den Applaus des Publikums erntete.

Wahlprogramm eine Enttäuschung für die Pflege

 

Eine echte Antwort blieb Weidel schuldig. „Da müssen Sie einfach nur unser Programm lesen“, entgegnete sie. „Das hab ich gemacht“, konterte de Vries. „Gerade zur Pflege ist Ihr Programm eine absolute Enttäuschung. Da sind Sie ein vollständiger Ausfall im Bereich der Sozialpolitik, im Bereich der Altenhilfe, im Bereich des demografischen Wandels. Was wir brauchen ist Migration. Was haben Sie für eine Antwort auf die Zukunft der Altenpflege in Deutschland?“

 

„Das habe ich Ihnen gerade schon gesagt“, so Weidels Antwort. „Ich habe den Eindruck, dass Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen haben.“ Die Bilanz des Schlagabtauschs: eine sehr sympathische Pflegehelferin, ein sehr engagierter Chef und null konkrete Antworten von Alice Weidel. 

 

Leidenschaftlicher Einsatz für Vielfalt

 

Guranda Bolkvadze ist ein Beispiel von vielen: Im Johanneswerk arbeiten Menschen aus 95 Nationen – jede und jeder einzelne unersetzlich. „Ohne internationales Pflegepersonal sähe es jetzt schon düster aus in der Pflege“, so de Vries. Ganz zu schweigen von den nächsten Jahren: Die Verrentung der Babyboomer wird ein riesiges Loch in das System reißen – obwohl die deutsche Altenpflege eigentlich wachsen müsste. „Es ist für uns eine Gelingensgeschichte unserer Arbeit, dass wir im Johanneswerk mit Menschen aus so vielen Nationen bereits heute die Pflege alter Menschen an 365 Tagen gewährleisten können“, so de Vries. „Remigration, wie Alice Weidel sie fordert, würde schlicht zum Pflegekollaps führen.“ Und so setzt sich das Johanneswerk leidenschaftlich ein: für Guranda Bolkvadze ganz persönlich – aber eben auch auf politischer Ebene. Für all die anderen Menschen, die diese wichtige Arbeit machen und für die Zukunft der Pflege in Deutschland.

 

Die Geschäftsführung und die Gesamtmitarbeitendenvertretung des Johanneswerks verurteilen gemeinsam und entschieden Rechtspopulismus und haben – sowohl in der Vergangenheit als auch ganz aktuell – zur Teilnahme an Demonstrationen aufgerufen. Für die Wahl im Februar wirbt die Unternehmensführung ebenfalls aktiv bei den Mitarbeitenden: Für den Gang zur Wahlurne. Für eine Stimme für eine Partei, die sich zu Demokratie, Vielfalt, Offenheit, Inklusion und Teilhabe bekennt. Und damit für das Einstehen für die Vision des Johanneswerks: „Wir wollen, dass alle Menschen in Würde, selbstbestimmt und in Gemeinschaft leben können.“